Freitag, 6. Februar 2015

ein Mopp und ein Muffin

Manchmal, wenn ich im Supermarkt in der Schlange stehe, sehe ich mir die unzufriedenen Gesichter der Verkäuferinnen an, deren Stimme sich in der Monotonität vom Piepsen der Kassen nur wenig unterscheidet, und die unzufriedenen Gesichter der ungeduldigen Kunden, die in ihrem Portemonnaie wühlen und einander auf den Fersen stehen. Dann fällt mir auf, dass sich mein Gesicht auch so anfühlt - abends, wenn ich nach der Abendschicht den wintermatschgefärbten Boden noch aufnehmen muss, oder am Dienstag Nachmittag, wenn ich die Damen höchstpünktlich für eine Ganzkörpermassage in viel zu kurzen fünfundzwanzig Minuten abholen will, aber "die Kollegin ist grad noch auf dem Klo und ich muss noch eben meine Chips aufessen".
Thich Nhat Hanh schreibt in meinem Jahresbegleiter, dass wir uns zu sehr aufs Tun und zu wenig aufs Sein konzentrieren. Wir glauben oft, dass andere Menschen ein qualitativ besseres Leben führen. Aber die Qualität des Moments bleibt eigentlich stets gleich. Was im Film so aufregend oder romantisch aussieht, wird im eigenen Leben zu einer banalen Geschichte. Oder umgekehrt? Die Zeit, in der ich den Boden schrubbe, ist nicht an und für sich anders, als die Zeit, in der ich daheim unter der Bettdecke Serien schaue und Schokomuffins futtere (oder, wenn man etwas anspruchsvoller ist: nicht anders als die Zeit, in der ich mich in weissem Sand wälze und aus einer Kokosnuss trinke).Wenn es mir nicht gelingt, den jetztigen Moment wertzuschätzen, dann gelingt es mir auch nicht mit dem nächsten. Wenn ich aber mit der gleichen Ruhe und Freude den Mopp halten kann, wie das Schokomuffin (- oder nach Thich Nhat Hanh: wie einen kleinen Buddha...), dann ist jede Zeit eine erfüllte - nicht weil ich etwas tue, sondern weil ich bin.
Darum danke ich den Frauen, die ihre Chips aufessen, und den Grossmüttern, die in ihrem Portemonnaie nach dem Zähni suchen, das ihnen noch fehlt. Sie erinnern mich immer wieder daran, dass ich genau dort bin, wo ich sein will.
“Our notions about happiness entrap us. We forget that they are just ideas. Our idea of happiness can prevent us from actually being happy. We fail to see the opportunity for joy that is right in front of us when we are caught in a belief that happiness should take a particular form.”
- Thich Nhat Hanh

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